Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten
Dienstag, den 07. Oktober 2008 um 10:10 Uhr
Nahrungsmittelallergien werden für vielerlei Bauchbeschwerden verantwortlich gemacht, von A wie Appetitlosigkeit bis Z wie Zwicken im Bauch. Tatsächlich aber sind Nahrungsmittelallergien mit einer Häufigkeit von ca. 1,5 % eher selten. Schon häufiger sind da die (nicht-allergisch bedingten) Nahrungsmittelunverträglichkeiten mit einer Häufigkeit von schätzungsweise 10 %. Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten sind nicht ganz einfach auseinander zu halten, da die Beschwerden überlappen. Leitbeschwerden
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Das Wichtigste aus der MedizinHinter einem geblähten Bauch können Nahrungsunverträglichkeiten oder sogar eine Zöliakie stecken. Aber ab wann ist ein Bauch gebläht? Kleinkinder haben nun einmal oft sehr ausladende Bäuche – wie dieser dreijährige Junge auf dem Bild, dem ja auch nichts zu fehlen scheint. Aber keine Sorge: Solange ein Kind keine anderen Krankheitszeichen wie Abgeschlagenheit, Durchfall, Verstopfung oder mangelndes Gedeihen zeigt, ist der »dicke Bauch« völlig normal und wird im Laufe des Wachstums von selbst verschwinden.
[RPO]Zunächst einmal: Nicht jede Nahrungsmittelunverträglichkeit ist krankhaft. Hülsenfrüchte, Zwiebeln und Kohl etwa sind für ihre blähende Wirkung bekannt und werden auch von vielen Gesunden nur in kleinen Portionen gut vertragen. Manche Speisen reizen durch ihren Säuregehalt oder durch daran festsitzende Pflanzenhaare die Haut um den Mund herum oder im Windelbereich – dies ist z. B. als Reaktion auf Zitrusfrüchte, Tomaten oder Erdbeeren völlig normal. Auch ein durch eine Krankheit geschädigter Verdauungstrakt kann viele Nahrungsmittel nicht gut vertragen – ist etwa die Leber erkrankt, so liegen fettreiche Speisen wie Granit im Bauch.
Ursache EnzymmangelHäufigste Ursache echter Nahrungsmittelunverträglichkeiten ist ein angeborener oder erworbener Enzymmangel. Enzyme sind unverzichtbare chemische Helfer des Darms bei der Verdauung. Sie spalten Nahrungsbestandteile auf und machen sie so überhaupt erst verwertbar. Fehlt etwa das Enzym Laktase (Laktasemangel), so kann der in der Milch vorkommende Milchzucker (= Laktose) nicht mehr in die verwertbaren Einfachzucker Glukose und Galaktose aufgespalten werden. Stattdessen wird er im Darm vergoren – der Verzehr von Milch und Milchprodukten »rächt« sich dann mit Bauchschmerzen, Blähungen und (wässrigen) Durchfällen. Eine solche Laktoseintoleranz (= Milchzuckerunverträglichkeit) kommt in Deutschland bei 10% der Menschen vor und zeigt sich nur selten vor dem Schulalter. Vorübergehend tritt ein Laktasemangel gelegentlich nach Magen-Darm-Infektionen auf, da hier die Schleimhaut mitsamt der darin arbeitenden Laktase geschädigt wird. Auch bei einer unbehandelten Zöliakie fehlt die Laktase infolge der Schleimhautschädigung. Ein Laktasemangel ab der Geburt ist demgegenüber extrem selten. Enzyme helfen auch bei der Verstoffwechselung der bereits ins Blut aufgenommenen Nährstoffe – entsprechend kann auch hier ein Mangel zu Beschwerden führen, die dann nicht unbedingt im Bereich des Magen-Darm-Traktes liegen müssen. Am bekanntesten, aber sehr selten, ist die Fruktoseintoleranz. Hier fehlt es der Leber – erblich bedingt – an bestimmten Enzymen. Dadurch kann die in Obst und Gemüse enthaltene Fruktose – und deshalb auch die zur Hälfte aus Fruktose bestehende und praktisch in allen Süßspeisen enthaltene Saccharose (= Rohrzucker) – nicht verwertet werden. Solange das Baby voll gestillt wird oder eine ausschließlich laktosehaltige Säuglingsmilch trinkt, ist die Fruktoseintoleranz nicht erkennbar. Mit Einführung von Beikost treten dann die Beschwerden auf, die im Wesentlichen Zeichen der Unterzuckerung sind (da der Zucker nicht verwertet werden kann, fehlt er in den Zellen): Unruhe, Zittern, Ãœbelkeit, Erbrechen, Schwitzen bei gleichzeitiger Blässe bis hin zu zerebralen Krampfanfällen. Bei fortgesetzter Fruktosezufuhr bilden sich Leberschäden aus, und das Kind gedeiht schlecht. Im Gegensatz zur Laktoseintoleranz ist das Krankheitsbild schwer und wird meist schon in der Säuglingszeit erkannt. Eine weitaus mildere Form kann bei älteren Kindern auftreten: Nach Genuss stark fruktosehaltiger Nahrungsmittel (etwa Apfelsaft) treten Blähungen und Durchfälle auf. Ursache PseudoallergieZweithäufigste Ursachengruppe für Nahrungsunverträglichkeiten sind die Pseudoallergien oder Scheinallergien: Sie sehen aus wie Allergien und werden teilweise durch dieselben Nahrungsmittel ausgelöst, die auch für Allergien verantwortlich sind. Im Gegensatz zu den »echten« Allergien ist allerdings das Immunsystem an der Reaktion nicht beteiligt. Die Beschwerden bei Allergien entstehen dadurch, dass ein bestimmter Stoff (das sog. Allergen) eine Immunreaktion in Gang setzt. Hierdurch werden Botenstoffe freigesetzt, welche die bekannten Erscheinungen auslösen. Einige Nahrungsmittel nun können diese Botenstoffe direkt (also ohne Immunreaktion) freisetzen oder unmittelbar auf die Blutgefäße wirken und so eine Allergie »imitieren«. Zu diesen Nahrungsmitteln zählen Erdbeeren, Tomaten, aber auch Fisch, einige Käsesorten, Schokolade, Bananen, Walnüsse und – besonders schwer aufzuspüren – Lebensmittelzusätze wie Tartrazin oder Glutamat, etwa in Sojasaucen. Typisch für die Pseudoallergien sind juckende Hautquaddeln und Herzklopfen. Auch Bauchbeschwerden – von Blähungen bis Durchfall – und Migräne sind möglich. Ursache AllergieBleiben die – eher seltenen – Nahrungsmittelallergien. Prinzipiell sind allergische Reaktionen auf jedes Nahrungseiweiß möglich, die »Hitliste« wird aber angeführt von Kuhmilch, Hühnereiern, Soja, Nüssen, Weizen, Fischen und Schalentieren. Während sich Milch-, Soja-, Ei- und Weizenallergien meist mit der Reifung des Immunsystems verlieren, bleiben die anderen Allergien oft lebenslang bestehen. Etwa 40 % der Kinder mit Neurodermitis haben eine Nahrungsmittelallergie. Im Säuglings- und Kleinkindalter am häufigsten ist die Kuhmilchallergie, manchmal auch Kuhmilchproteinintoleranz genannt. Die betroffenen Kinder reagieren wenige Tage bis zwei Monate nach der Einführung von Kuhmilch oder kuhmilchhaltiger Säuglingsmilch (praktisch alle regulären Säuglingsmilchen sind auf Kuhmilchbasis hergestellt) mit Erbrechen, Durchfällen und in schweren Fällen langfristig auch mit einer Gedeihstörung und anderen Mangelerscheinungen. Die Durchfälle können blutig sein. Kuhmilchallergien sind bei gestillten Kindern seltener, können sich aber auch bei voll gestillten Kindern entwickeln. Zum einen können nämlich Bestandteile der Kuhmilch über die Muttermilch in den kindlichen Körper gelangen und dem Immunsystem die Allergie sozusagen flüsternd beibringen. Zum anderen bekommen auch gestillte Kinder mitunter – etwa zum Ãœberbrücken von Stillschwierigkeiten – kuhmilchhaltige Säuglingsmilchen. Faustregeln
Komplett wird das Verwirrspiel dadurch, dass sich Nahrungsmittelallergien zwar am häufigsten durch Bauchbeschwerden äußern, wie Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und (teils blutige) Durchfälle, prinzipiell aber auch andere Organe betroffen sein können: Hauterscheinungen: Häufig beobachtet werden Juckreiz, Hautrötung und Quaddeln. Manchmal ist auch lediglich die Schleimhaut des Mundes durch Schwellung oder Kribbeln betroffen. Eine Neurodermitis kann unterhalten oder verstärkt werden. Atemwegsbeschwerden: Diese treten bei schweren Allergieformen auf. Nur in Ausnahmefällen wird dagegen ein chronisches Asthma durch eine Nahrungsmittelallergie unterhalten. Allergischer Schock: In Extremfällen kommt es sogar zu einem lebensbedrohlichen allergischen Schock. Das macht der Arzt
Aktualisiert ( Donnerstag, den 29. Januar 2015 um 12:59 Uhr )
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