Karies (Zahnfäule) - Amalgam – Pro und Contra
Dienstag, den 07. Oktober 2008 um 09:45 Uhr
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Amalgam – Pro und ContraEgal ob Milchzahn oder bleibender Zahn: Hat die Karies zugeschlagen, muss der kariöse Defekt ausgebohrt und mit einer Füllung hermetisch abgeschlossen werden. Sonst droht der ganze Zahn zu verrotten. Die Anforderungen an das Füllungsmaterial sind dabei extrem hoch: Es muss leicht zu verarbeiten und anzupassen sein wie Knetgummi, es muss dem hohen Kaudruck, der auch vom kindlichen Gebiss ausgeübt wird, über Jahre standhalten, es muss fest abdichten, damit nicht kleinste Haarrisse neuem Kariesbefall Vorschub leisten, und schließlich sollte es diese Eigenschaften für Milchzähne für mindestens sechs und für bleibende Zähne für mindestens 30 Jahre garantieren. Ach ja, und die Füllung sollte für den kindlichen Organismus unschädlich, d. h. absolut ungiftig, sein. Und damit fängt das Problem an: Amalgam war und ist weltweit das beliebteste Füllungsmaterial – nur mit der Ungiftigkeit könnte es hapern. Fakt ist, dass Amalgam eine Mischung aus Quecksilber, Zinn, Silber und Kupfer ist und dass zumindest mit dem Quecksilber nicht zu spaßen ist: An Quecksilber in unseren Flüsse sind in den siebziger Jahren tonnenweise Fische verendet. Doch in Bezug auf Amalgam ist der Fall nicht so leicht zu entscheiden: Obwohl wissenschaftlich gesichert ist, dass Kinder mit Amalgam-Füllungen mehr Quecksilber in ihrem Urin ausscheiden, ist nicht sicher, ob diese Mehrbelastung auch tatsächlich für die Gesundheit problematisch ist. Befürworter verweisen darauf, dass Millionen von Menschen zum Teil 40, 50 Jahre lang komplikationsfrei mit Amalgamfüllungen leben. Wir Autoren können in diesem Streit nicht das letzte Wort beanspruchen. Interessant ist aber, dass Zahnärzte zumindest bei Milchzahnfüllungen inzwischen weit überwiegend sog.Compomere (eine Mischung aus einem Kunststoff und einem Zahnzement) verwenden und die Kassen dies bisher auch ohne Zuzahlung finanzieren. Compomere sind nach heutigem Kenntnisstand ungiftig, haben gute Eigenschaften und überdies noch eine angenehme weiße Farbe. Einziger Knackpunkt ist die Lebensdauer, was aber bei Milchzahnfüllungen keine Rolle spielt. Bei den Füllungen bleibender Zähne bleibt den Eltern die Qual der Wahl: Hier ist Amalgam nicht nur das preiswerteste Füllungsmaterial, sondern auch das komplikationsärmste (weil noch immer weitaus stabilste). Wer aber das Giftigkeitsrisiko vermeiden will, dem wird der Zahnarzt eine Kunststofffüllung empfehlen. Sie kostet pro Zahn bis zu 100 EUR Zuzahlung und verlangt dem Kind etwas Geduld ab, bis sie sitzt. Immerhin liegt inzwischen eine Vergleichsstudie vor, in der Kinder mit Amalgam-Füllungen bei allen Tests nicht anders abschnitten als Kinder mit Compomer-Füllungen. Die Kinder wurden bisher jedoch nur 7 Jahre nachuntersucht. Der Streit um die Langzeitwirkung des Amalgams wird also weitergehen.
Aktualisiert ( Donnerstag, den 29. Januar 2015 um 12:52 Uhr )
© Herbert Renz-Polster et. al.: Gesundheit für Kinder, 2. Auflage 2006, Kösel Verlag München |