Entwicklungsstörungen - Kann Entwicklung trainiert werden?
Dienstag, den 09. Juni 2009 um 09:49 Uhr
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Kann Entwicklung trainiert werden?Baby-Schwimmkurse bringen Kindern und Eltern Spaß, manchmal werden sie aber auch aus einem Missverständnis heraus gebucht: dass die Entwicklung des Kindes beschleunigt werden könne. Warnzeichen einer gestörten EntwicklungKinder mit Entwicklungsverzögerungen haben oft Schwierigkeiten mit dem sicheren Stehen, mit dem Sichhochziehen und mit dem Klettern – und gleichzeitig profitieren sie sehr davon, genau dieses zu tun. Eine Hilfe können hier Spezialmöbel sein. Diese Hockerkombination wurde in einer Krankengymnastikpraxis entdeckt und, weil das Kind in der Therapie gern damit spielte, aus ein paar Baumarktbrettern und -winkeln nachgebaut. Im Gegensatz zu den üblichen Tritthockern bietet sie verschiedene Höhenniveaus und seitliche Stützen an, so dass auch entwicklungsverzögerte Kinder sich ohne große Sturzgefahr hochziehen, klettern und das Ganze vor sich herschiebend auf Entdeckungsreise in der Küche gehen können.
[ASL]Ganz grob gehen Kinderärzte davon aus, dass von den 10 % der Kinder, die ihre »Meilensteine« nicht altersgerecht passieren (und deshalb als entwicklungsverzögert bezeichnet werden), etwa ein Drittel:
Bei solchen Kindern wird dann nicht mehr von einer Entwicklungsverzögerung, sondern von einer Entwicklungsstörung gesprochen (wobei die genaue Zuordnung oft erst im Nachhinein zu treffen ist). Oft werden bei diesen Kindern mehrere Zeichen einer verlangsamten Entwicklung beobachtet (siehe Kasten rechts). Für eine gestörte Entwicklung sprechen generell ein verlangsamtes Entwicklungstempo (»verpasste Meilensteine«) sowie die folgenden Warnzeichen: Im Bereich der Motorik
In den übrigen Bereichen
Wer braucht einen Spezialisten?Um solche Fälle zu erkennen und »abzuklären«, sollte jedes Kind mit Entwicklungsproblemen einem auf Entwicklungsneurologie oder Sozialpädiatrie spezialisierten Arzt vorgestellt werden – entsprechende Zentren finden sich in allen größeren Städten. Es ist völlig in Ordnung, dazu nicht nur einen Arzt zu Rate zu ziehen, bedenken Sie aber, dass der Rat eines noch so guten Spezialisten bei einem einzelnen Besuch oft wenig bringt, da eine verlässliche Einschätzung häufig erst durch die Verlaufsbeobachtung, z. B. alle drei Monate, möglich wird. Prognose ist oft schwierigOft ist es aber selbst Spezialisten an Universitätskliniken unmöglich, bei einem entwicklungsverzögerten 12- oder selbst 18-monatigen Kind zu entscheiden, ob es »etwas hat« oder ob es sich in Zukunft normal entwickeln wird. Sie können lediglich feststellen, dass das Kind in so und so vielen Entwicklungsbereichen »zurück« ist und deshalb – möglicherweise unnötige – Fördermaßnahmen einleiten. Klarheit bringt vielfach erst die weitere Beobachtung über viele Monate. Erst mit zwei Jahren ist eine gewisse Prognose im Regelfall möglich. Dass der Blick in die Zukunft selbst für Fachleute so schwierig ist, liegt auch daran, dass die am einfachsten zu beobachtenden Entwicklungsschritte des Kindes am wenigsten Aussagekraft für die zukünftige Entwicklung haben. Das gilt z. B. für die motorische Entwicklung und auch für das Sauberwerden. Körperliche Reifungsmerkmale wie der Zahndurchbruch oder der Verschluss der Fontanellen haben schon gar nichts mit dem allgemeinen Entwicklungstempo zu tun. Die Ungewissheit über die Entwicklungsprognose ihres Kindes kann für Eltern sehr Isoliert oder global?Der Kinderarzt oder die Spezialisten können jedoch durch ihre Untersuchungen oft erkennen, ob es sich um eine isolierte, d. h. nur einen bestimmten Bereich betreffende, oder eine globale Entwicklungsverzögerung handelt. Bei letzterer Form sind alle Bereiche der Entwicklung verlangsamt – also etwa motorische Entwicklung und Sprachentwicklung und soziale Entwicklung. Hilft Frühförderung?Aus dem Gesagten wird verständlich, weshalb
Bei Entwicklungsverzögerungen gilt: Es gibt die Igel und Schnecken, die aber trotzdem zum Ziel kommen (was in der Praxis heißt, dass das Kind normal eingeschult werden kann) – und es gibt die, wo der Abstand zur Norm auf Dauer bleibt. Aber auch dann erleben die meisten Eltern, dass solche Kinder nicht unglücklicher sind als die in »normalen« Bildungseinrichtungen. Zu sehen, wie sie wachsen und – in Grenzen dann – ihre Unabhängigkeit entwickeln, ist genauso spannend wie mit »normalen« Kindern. Weiterführende Informationen
Aktualisiert ( Mittwoch, den 26. August 2009 um 17:07 Uhr )
© Herbert Renz-Polster et. al.: Gesundheit für Kinder, 2. Auflage 2006, Kösel Verlag München |