Brechungsfehler - Das Wichtigste aus der Medizin
Mittwoch, den 08. Oktober 2008 um 08:18 Uhr
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Das Wichtigste aus der MedizinBeim Gesunden werden die Lichtstrahlen beim Blick auf einen Gegenstand durch die Linse immer so gebündelt (»gebrochen«), dass ein scharfes Bild des Gegenstandes auf der Netzhaut entsteht. Ist der Linse diese Bündelung nicht möglich, so befindet sich das scharfe Bild eines Gegenstandes vor oder hinter der Netzhaut. Der Betroffene sieht unscharf und braucht eine Brille, die das scharfe Bild auf die Netzhaut verlegt. KurzsichtigkeitDie häufigste Ursache der Kurzsichtigkeit (= Myopie) ist ein zu langer Augapfel, seltener eine zu starke Brechkraft der Hornhaut oder der Linse. Die Folge ist dieselbe: Das Kind sieht in der Ferne schlecht, in der Nähe aber gut. Oder, etwas technischer: Das Bild weit entfernter Gegenstände entsteht nicht auf, sondern vor der Netzhaut, das Bild auf der Netzhaut ist hingegen unscharf. Entsprechend fallen kurzsichtige Kinder dadurch auf, dass sie z. B. Wörter auf der Schultafel schlecht lesen können. Allerdings: Vielen Kindern ist ihr Sehproblem lange gar nicht bewusst, sie mogeln sich durch Augenzusammenkneifen oder Abschreiben beim Nebensitzer durch. Denken Sie deshalb bei Schulproblemen auch an die Augen!
Bei Kurzsichtigkeit verordnet der Augenarzt eine Zerstreuungslinse, die das scharfe Bild weiter nach hinten verlegt. Die Brillengläser eines Kurzsichtigen sind konkav, also außen am Rand dicker als in der Mitte (Merkspruch: in konkave Gläser kann man Kaffee hineingießen). Der Optiker nennt sie auch Minusgläser – auf der Brillenglasverordnung steht ein Minus vor der Dioptrienzahl. Nicht wenige kurzsichtige Kinder brauchen mehr oder minder regelmäßig – etwa alle 6–12 Monate – eine neue, stärkere Brille. Manche von ihnen klagen zudem darüber, dass sich die Sehkraft schon 6–8 Wochen nach der Anpassung der neuen Brille wieder verschlechtert und das Lesen an der Schultafel erneut Probleme bereitet. Die Ursache einer dergestalt voranschreitenden Kurzsichtigkeit ist nicht klar, sie ist aber so lange nicht tragisch, wie die Dioptrienzahl im moderaten Bereich, d. h. unter –8 dpt., verbleibt und mit Ende der Pubertät »Ruhe einkehrt«. Bei stärker fehlsichtigen Kindern ist das Risiko späterer Netzhautrisse erhöht. Außerdem korrigieren die Brillen nicht mehr optimal, es entstehen störende Farbränder und das Bild wird zu stark verkleinert. Schreitet die Kurzsichtigkeit auch nach der Pubertät noch (deutlich) fort, kann daraus eine extrem starke sog. maligne Myopie mit Erblindungsgefahr erwachsen. WeitsichtigkeitDie auf das Auge treffenden Lichtstrahlen (in der Abbildung als parallele blaue Linien gezeichnet) werden von der Hornhaut und der Linse gebündelt und treffen beim normalsichtigen Auge an genau einem Punkt auf der Netzhaut zusammen. Bei kurz- und weitsichtigen Kindern ist das anders: Hier werden die Lichtstrahlen nicht genau auf die Netzhaut gebündelt, so dass dort kein scharfes Bild entsteht. Durch eine Zerstreuungslinse bei Kurzsichtigkeit bzw. eine Sammellinse bei Weitsichtigkeit lässt sich dies korrigieren.
[GRA]Bei der weniger häufigen Weitsichtigkeit (= Ãœbersichtigkeit, Hyperopie) ist der Augapfel des Kindes zu kurz, selten liegt eine zu geringe Brechkraft der Linse zugrunde. Das Kind sieht nahe Gegenstände unscharf, weil das scharfe Bild eines aus der Nähe betrachteten Gegenstandes hinter der Netzhaut liegt. Da das kindliche Auge viel besser in die Nähe sieht als das des Erwachsenen (ein Kleinkind kann sogar seine Nasenspitze scharf sehen), fällt Weitsichtigkeit bei Kindern oft lange nicht auf – das Kind »schaut einfach schärfer hin«. Das Auge muss sich dabei aber ständig mehr anstrengen, weshalb die Kinder nicht selten über abendliche Kopfschmerzen klagen. Manche Kinder fallen durch Ungeschicklichkeit vor allem beim Arbeiten in der Nähe auf. Außerdem begünstigt eine erhebliche Weitsichtigkeit die Entwicklung eines Schielens, da die Naheinstellung immer mit einer Bewegung der Augäpfel nach innen (zur Nase hin) gekoppelt ist. Korrigiert wird die Weitsichtigkeit durch eine Sammellinse, die das Licht bündelt, so dass das scharfe Bild weiter vorne und damit auf der Netzhaut entsteht. Sammellinsen sind dadurch zu erkennen, dass sie konvex (innen dick und außen dünn) sind – auf der Brillenglasverordnung steht ein Plus vor der Dioptrienzahl (Plusgläser). Bei vielen weitsichtigen Kindern schwächt sich die Weitsichtigkeit im Verlauf der Wachstumsperiode ab oder kann sogar in eine Kurzsichtigkeit übergehen; bei anderen bleibt sie lebenslang relativ konstant. AstigmatismusDer Astigmatismus (= Stabsichtigkeit, sog. Hornhautverkrümmung) ist in der Mehrheit der Fälle durch eine »falsche« Krümmung der Hornhaut verursacht, deren Innen- und Außenflächen nicht mehr »sphärisch« wie eine Kugeloberfläche aussehen, sondern »zylindrisch« wie die eines Eies oder Zylinders. Ein Kreis wird demzufolge auf der Netzhaut nicht mehr als Kreis, sondern als Oval abgebildet – das Kind sieht verzerrt und kann schlechter lesen. Das klingt allerdings schlimmer, als es ist: Keine Hornhaut der Welt ist mathematisch ideal ausgeformt, weshalb ein schwächerer Astigmatismus alleine problemlos toleriert wird. Der Astigmatismus tritt aber meist in Kombination mit Kurz- oder Weitsichtigkeit auf und wird dann durch kombinierte Brillengläser korrigiert. Die Verordnung enthält hier neben der Dioptrienzahl für die Kurz- oder Weitsichtigkeit eine zweite Dioptrienzahl verbunden mit einer Gradzahl zwischen –180° und +180°. In ausgeprägten Fällen helfen allerdings nur spezielle harte Kontaktlinsen.
Aktualisiert ( Montag, den 09. Februar 2015 um 13:45 Uhr )
© Herbert Renz-Polster et. al.: Gesundheit für Kinder, 2. Auflage 2006, Kösel Verlag München |