Schwerhörigkeit
Mittwoch, den 08. Oktober 2008 um 08:37 Uhr
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Schätzungsweise eine halbe Million Kinder in Deutschland ist beidseitig schwerhörig, ein Teil davon seit der Geburt. Leider ist Schwerhörigkeit nicht immer leicht zu bemerken, selbst die Reaktion des Babys auf laute Geräusche zu beobachten ist unzuverlässig. So kommt es, dass Eltern und Arzt oft lange Zeit nichts auffällt. Oft erst nach dem zweiten Geburtstag wird die Schwerhörigkeit dann entdeckt, weil das Kind auffallend schlecht spricht oder vielleicht sogar Verhaltensauffälligkeiten zeigt – wer würde auf Dauer nicht aggressiv, wenn er alles zehnmal sagen muss oder gar bestraft wird, weil er nicht »gehört« hat? Grundsätzlich gilt: Je früher sich die Schwerhörigkeit entwickelt, desto größer ist die Gefahr von Sprach- und anderen Entwicklungsstörungen. Rasch nehmen bei Jugendlichen – z.T. unumkehrbare – Fälle von Schwerhörigkeit als Folge intensiven Lärms zu. Ursachen sind jedoch nicht der Arbeitsplatz oder Schießübungen bei der Bundeswehr, sondern Diskotheken und MP3-Player. Viele größere Kinder scheinen grundsätzlich nicht mehr ohne Musik auskommen zu können.
[AOK]Das müsste nicht sein – heute kann z. B. durch Messung der otoakustischen Emissionen (= OAE) oder mit Hilfe der Hirnstammaudiometrie (= BERA) eine Schwerhörigkeit unabhängig von der Mitarbeit des Kindes schon bei Neugeborenen sicher festgestellt werden (Näheres zu OAE und BERA). Lässt sich die Ursache der Schwerhörigkeit nicht beseitigen, können bereits Säuglinge ab 3–6 Monaten mit einem Hörgerät versorgt werden, welches den Schall verstärkt. Hat das Kind keinerlei Hörreste, kommt bei intakten Hörnerven ein Cochleaimplantat in Betracht, das die Schallschwingungen in elektrische Signale umwandelt und auf den Hörnerven überträgt. Immer unterstützen weitere Therapien, wie etwa die Logopädie, die Sprachentwicklung. Da es eine Reihenuntersuchung aller Babys auf Hörstörungen in Deutschland bisher nur im Rahmen einzelner Projekte gibt, aber ein frühestmöglicher Behandlungsbeginn entscheidend ist für die gesamte Entwicklung des Kindes, sollten Sie bereits beim geringsten Verdacht auf eine Hörstörung einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt aufsuchen.
Aktualisiert ( Mittwoch, den 29. Februar 2012 um 18:01 Uhr )
© Herbert Renz-Polster et. al.: Gesundheit für Kinder, 2. Auflage 2006, Kösel Verlag München |