Schul- und Lernprobleme - LRS und Wahrnehmungsstörungen
Mittwoch, den 08. Oktober 2008 um 08:58 Uhr
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LRS und WahrnehmungsstörungenDie Forschung hat in den letzten Jahren herausgearbeitet, dass die LRS lediglich die Spitze eines Eisbergs ist und dass der LRS Erkennungs- und Wahrnehmungsstörungen auf verschiedenen Ebenen zugrunde liegen, die schon im Säuglings- und Kleinkindalter z. B. den Spracherwerb erschweren:
Diese Wahrnehmungsdefizite sind wahrscheinlich erblich veranlagt und finden ihren Niederschlag auch darin, dass bei LRS-Kindern die für das Sprachverständnis wichtigen Regionen in der linken Hirnhälfte weniger leicht aktivierbar sind und zudem die Koordination der beiden Gehirnhälften schlechter ist. Ähnliche Auffälligkeiten in der Wahrnehmung können auch bei vielen später nicht von LRS betroffenen Kindergartenkindern nachgewiesen werden. Leider werden auch diese Formen oft als »Wahrnehmungsstörung« bezeichnet, obwohl sie sich bei drei von vier Kindern wieder von selbst verlieren. Eine Frühförderung dieser Kinder (etwa nach dem »Würzburger Trainingsprogramm Hören, Lauschen, Lernen«) ist dennoch sinnvoll, da im Einzelfall nicht vorausgesagt werden kann, welches dieser Kinder eine LRS entwickeln wird. Folgen von TeilleistungsstörungenKlassenarbeiten – für viele Schüler angstbesetzt. Besonders stressbesetzt ist in vielen Bundesländern die vierte Klasse, wenn die Entscheidung über die weiterführende Schule ansteht.
[ADM]Nicht wenige Kinder mit einer Teilleistungsstörung haben Verhaltensprobleme, z. B. Aggressionsstörungen oder Hyperaktivität. Sie können eine Folge der Teilleistungsstörung sein oder auch unabhängig von dieser bestehen. Das gemeinsame Auftreten dieser letzteren Störungen war einer der Gründe, weshalb diese Erscheinungen früher gemeinsam als minimale zerebrale Dysfunktion bezeichnet wurden. Da die genannten Störungen jedoch keine einheitlichen Ursachen haben und heute unterschiedlich behandelt werden, wurde der Begriff inzwischen verlassen. Auch der heute zunehmend für alle Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern (vom Autismus über ADHS bis zu den Teilleistungsstörungen) pauschal verwendete Begriff der Wahrnehmungsstörung oder »Wahrnehmungsverarbeitungsstörung« ist medizinisch gesehen Unsinn. Auch wenn Störungen im Bereich der Wahrnehmung bei einzelnen dieser Erkrankungen eine Rolle spielen, so sind diese Verhaltensprobleme viel zu komplex und auch zu wenig erforscht, als dass dieser pauschale Begriff wirklich Sinn machen würde.
Aktualisiert ( Montag, den 09. Februar 2015 um 14:12 Uhr )
© Herbert Renz-Polster et. al.: Gesundheit für Kinder, 2. Auflage 2006, Kösel Verlag München |